Sinn und Zweck
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Häufig ist der Grund für ein Beratungsgespräch, Fördermöglichkeiten für ein Kind zu definieren.
Es kommt jedoch vor, dass ein Kind mit seiner Begabung oder der
Einseitigkeit seiner Begabung an Grenzen stösst und Problemsituationen
mit dem Umfeld (Familie, Schule, Freunde) oder mit sich selbst
auftreten.
In solchen Situationen hat sich der lösungsorientierte oder
Systemische Ansatz bewährt, da es nicht primär um das Problem sondern
darum geht, Lösungswege zu finden und zu etablieren.
Nachfolgende Erläuterungen sollen helfen, Einblick in diesen Ansatz zu gewähren:
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Zwölf Grundannahmen
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John L. Walter und Jane E. Peller beschreiben 12 Grundannahmen des Lösungsorientierten Ansatzes.
Diese Gliederung wird mit den Grundgedanken von Günter Bamberg
und Virginia Satir angereichert, um ein gesamtheitliches Bild der
Grundlagen der Theorie wiederzugeben. Die Abfolge wurde entsprechend der Zusammenhänge angepasst.
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1.
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Eine Ausrichtung auf das Positive erleichtert Veränderung Viele
Beratungskonzepte beruhen darauf, die Ursache der Problemsituationen zu
eruieren und zu lösen, um die daraus resultierende Blockade zu lösen.
Dieses Lösen der Blockade soll dann auch zur Lösung der Situationen
führen. In der Realität jedoch fokussiert man durch dieses Vorgehen
auf eine Reihe von Missständen und persönlichen Versagen, was die
Problematik in vielen Fällen verstärkt, was neurologisch nachweisbar
ist: Durch das lange Beschäftigen mit Problemsituationen werden im Gehirn bereits eingefahrene Muster vertieft. Bei
einem Lösungsorientierten Ansatz jedoch werden neue Synapsen gebildet
und bei wiederholtem Umsetzen so stark vertieft, dass in vielen Fällen
eine dauerhafte Änderung eintritt, indem die alten Muster in den
Hintergrund geraten.
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2.
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Verhalten und Situationen sind befristet und veränderbar Da
jede Problemsituation zeitlich begrenzt ist (auch wenn es aus der
eigenen Sicht nicht den Anschein macht), ist es wichtig, den
Sprachgebrauch darauf auszulegen, um eine momentane Situation nicht als
(ewige) Tatsache zu deklarieren. Konkret heisst das, dass die Aussage
„Ich bin ein Versager" mit „Du hast im Moment das Gefühl, dass vieles
nicht gut läuft" reflektiert wird. Häufig weisen die Worte „ist / sein" auf sprachliche Fixierungen hin, die vermieden werden sollen. Auch das Wort „Problem" sollte vermieden werden.
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3.
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Ausnahmen verweisen auf Lösungen Das
Erkennen von Situationen, in denen die Problematik nicht oder nicht so
stark vorhanden ist, bietet die Grundlage für den Klienten, diese
Ausnahmesituationen bewusst zu schaffen. Ziel ist, dass die Problemsituationen immer seltener werden und später ganz verschwinden.
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4.
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Menschen verfügen über die Ressourcen, ihre Problem Situationen zu lösen Voraussetzung
ist die Grundannahme, dass jeder Mensch fähig ist, Veränderungen
einzuleiten, um die Grundlage zu schaffen, eine Situation neu zu
definieren.
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5.
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Jeder Mensch ist Experte für seine Situationen In
den meisten Bereichen des Lebens lösen Menschen die täglichen
Anforderungen mit kreativen Lösungsansätzen selbst. Daher sind sie
Experten in der Lösungsfindung ihrer eigenen Problemsituationen. Sucht
jemand einen Berater auf, möchte dieser primär eine Unterstützung, den
eigenen Kompetenzbereich zu erweitern, so dass er für die aus seiner
Sicht grösseren Problematiken ebenfalls eine Lösung konstruieren und
anwenden kann.
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6.
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Kleine Änderungen - grosse Wirkung Änderungen
in einem Problembereich haben Einfluss auf andere Problembereiche. Es
wird eine Positivspirale angeregt, da auf der einen Seite ein
Erfolgserlebnis zur Motivation wird, weitere Änderungen vorzunehmen, auf
der anderen Seite erkennt das Umfeld die Veränderung und reagiert
positiv darauf, was bereits ein Teil der Lösung anderer Problematiken
sein kann.
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7.
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Menschen sind kooperativ Menschen wünschen sich eine Lösung ihrer Problemsituationen, sonst würden sie nicht in die Beratung kommen. Wenn
sich jemand gegen ein Vorgehen sträubt, dann nicht, weil er nicht an
einer Lösung sondern nicht am vorgeschlagenen Lösungsansatz interessiert
ist. Es gilt also herauszufinden, welcher Lösungsansatz für die entsprechende Person der richtige ist.
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8.
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Erfahrungen prägen unsere Wahrnehmung (unsere eigene
„Welt"); unsere „eigene Welt" interpretiert die Erfahrungen, die wir
machen. Es stellt sich die Frage, in wie weit die
Objektivität bei der Suche nach der Ursache einer Problematik
gewährleistet werden kann, da für die Person die Versuchung besteht,
sich selbst Erklärungen für Ungereimtheiten zurechtzulegen, die nach und
nach zu seiner Realität werden können. Sobald aus dem Kreislauf
ausgebrochen wird, besteht die Möglichkeit, dass (bereits wenige)
positive Erfahrungen das Weltbild so verändern, dass neutrale (oder
sogar „negative") Erfahrungen positiv interpretiert werden.
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9.
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Veränderungen haben Auswirkungen auf das gesamte Umfeld Da
Kommunikation immer interaktiv ist, was beim „Hochschaukeln" einer
Situation (das eine Wort ergibt das andere) besonders deutlich wird, hat
eine Veränderung auf „einer Seite" Auswirkungen auf der „anderen
Seite". Da die „eine Seite" die Person selbst ist und die „andere
Seite" die verschiedenen Bestandteile seines Umfelds, hat eine
Veränderung der Kommunikation und des Verhaltens Auswirkungen auf die
ganze „eigene Welt".
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10.
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Eigene Erwartungen beeinflussen das Handeln anderer Die
eigene Erwartung hat Auswirkungen auf den eigenen Teil der
Kommunikation und das eigene Verhalten. Dies beeinflusst (gemäss Punkt
9) die Reaktion des Gegenübers.
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11.
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Das Verhalten des Anderen auf unsere Reaktion zeigt,
was wir mit unserem Verhalten auslösen. Dies ist oft nicht das, was wir
erreichen möchten. Oft sind Bewertungen von Situationen subjektiv und von der Persönlichkeit und Erfahrungen abhängig. Daraus resultiert, dass Signale unterschiedlich aufgenommen und reflektiert werden. Wenn
das Senden einer Botschaft ein gewisses Verhalten anregen soll, kann an
der Gegenreaktion bewertet werden, ob die Botschaft zweckmässig gesandt
wurde. Häufig sind Sätze wie „ich habe es nur gut gemeint" ein
Hinweis auf eine Diskrepanz zwischen dem Signal, das gesendet wird und
dem Verhalten, das damit ausgelöst wurde.
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12.
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Alle Beteiligten, die an der Lösung des Problems interessiert sind, sind an den Sitzungen / Gesprächen willkommen
- Das gemeinsame Interesse, eine Situation zu verändern motiviert alle Beteiligten, an den Gesprächen teilzunehmen.
- Der Prozess, der angestossen wird, hat Auswirkungen auf das
Umfeld, da sich Kommunikation und Verhalten ändern. Dies kann zu
Spannungssituationen führen. Je mehr das Umfeld in den Prozess
eingebunden ist, desto effizienter kann auf auftretende
Spannungssituationen eingegangen werden.
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Quellenangaben
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Bamberg, G. G. Lösungsorientierte Beratung.
Grawe, K. (2004). Neuropsychotherapie. Hogrefe Verlag GmbH + Co.
Rausch, A., Hinz, A., & Wagner, R. F. (2008). Beratungspsychologie. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt.
Satir, V. Reframing. Abgerufen von Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Reframing
Walter, J. L., & Peller, J. E. Systemische Kurztherapie. |